EN Shigemi, 78 years old, owner of a beauty salon. Kure City/Hiroshima, 2025 DE Shigemi, 78 Jahre, Inhaberin eines
Schönheitssalons. Kure/Präfektur Hiroshima, 2025
EN Yukiko, 78 years old, Handmade craft artist, Hiroshima 2025 DE Yukiko, 78 Jahre, Kunsthandwerkerin. Hiroshima, 2025
EN Naruyo, 62 years old, welfare child care business owner. Hiroshima, 2025 DE Naruyo, 62 Jahre, Inhaberin einer Wohltätigkeitsorganisation für Kinder. Hiroshima, 2025
EN Miki, 52 years old, table and food coordinator. Hiroshima, 2025 DE Miki, 52 Jahre, food-and-table Stylistin. Hiroshima, 2025
EN Kayo, 72 years old, Japanese indigo artist. Hiroshima, 2025 DE Kayo, 72 Jahre, Indigofärbekünstlerin. Hiroshima, 2025
EN Emi, 52 years old, owner of restaurant. Hiroshima, 2025 DE Emi, 52 Jahre, Restaurantinhaberin. Hiroshima, 2025
aus Hiroshima ist Fotografin und hat in Tokio und New York studiert. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen. In ihrer Fotoarbeit Here Goes River sucht sie die historische Tragödie hinter dem alltäglichen Leben im heutigen Hiroshima. Für ihre neueste Serie Life Studies hat sie in New York fotografiert.
Für b o s s | working women portraitiert Aya Fujioka Frauen in Hiroshima, die seit mehr als 10 Jahren als Bossinnen arbeiten.
Instagram
A: Vielen Dank, dass Sie heute das Interview mit mir bestreiten. Was hat Sie dazu bewogen, Bossin zu werden?
E: Ich habe 18 Jahre lang in einem Hotel gearbeitet. Als ich aus vielerlei Gründen aufhören wollte, bot man mir die Möglichkeit, das Kugurimon Café zu eröffnen. Ich dachte, dass ich die Beziehungen, die ich in den vergangenen 18 Jahren im Hotel aufgebaut hatte, in diesem neuen Lebensabschnitt gut würde nutzen können. So beschloss ich, hier Bossin zu werden.
A: Glauben Sie, dass Sie als Bossin geeignet sind?
E: Ich weiß nicht, was alle um mich herum denken, aber ich denke, ich bin dafür geeignet.
A: Haben Sie das Gefühl, dass das Geschlecht - ob Frau oder Mann - eine große Rolle dabei spielt, wo Sie jetzt arbeiten? Spüren Sie einen Gender Bias?
E: Das habe ich bisher nicht gespürt.
A: Haben Sie jemals gedacht, dass Sie froh sind, eine Frau zu sein?
E: Nun, ich möchte Dinge tun, die ich nur tun kann, weil ich eine Frau bin, also bin ich froh, dass ich eine Frau bin.
A: Hatten Sie jemals das Gefühl, dass es für Frauen schwieriger ist, Bossin zu sein, als für Männer, oder dass sie härter arbeiten müssen?
E: Das habe ich noch nie gespürt, weder im Hotel noch jetzt.
A: Was ist der größte Unterschied zwischen einer Bossin und einem normalen Angestellten?
E: Ich denke, es ist das Verantwortungsgefühl. - Es könnte sein, dass es in einigen Unternehmen durchaus einen großen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt. Allerdings habe ich sowohl in meinem ehemaligen Job im Hotel als auch heute immer genauso hart wie meine männlichen Kollegen gearbeitet; Und ich glaube, dass meine Arbeit stets anerkannt und wertgeschätzt wurde. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass ich mich nie aufgrund meines Geschlechts diskriminiert gefühlt habe. – Wäre ich verheiratet, würde ich diese Diskriminierung vielleicht eher erlebt haben. Da ich aber alleinstehend bin, kann ich tun und lassen, was immer ich will. Ich habe die letzten 50 Jahre gelebt, ohne mich als Frau diskriminiert zu fühlen.
A: Warum sind Sie Bossin geworden? Was haben Sie vorher gemacht und welche Entscheidung haben Sie getroffen, um Bossin zu werden?
N: Ursprünglich habe ich eine Kunstgalerie geführt, die ich 1989 gegründet habe. Ich habe hauptsächlich Arbeiten von jungen Künstlern aus Hiroshima ausgestellt. Die Realität hat aber gezeigt, dass die Künstler ihren Lebensunterhalt von den Ausstellungen nicht bestreiten konnten. Ich wollte aber nicht nur Kunst zeigen, die mir gefällt, sondern die Künstler in ihrem Tun unterstützen – ihren täglichen Kampf verstehen. Das Beste, was ich tun konnte, war natürlich, ihre Werke zu verkaufen. Leider wurde zu der Zeit nicht gut verkauft.
A: Diese Phase hielt lange an, nicht wahr? Es war eine Zeitlang sehr schwierig in Japan …
N: Ja, es war ziemlich schwierig. Ich habe darüber nachgedacht, wie ich jungen Künstlern helfen kann, ihren Lebensunterhalt besser zu bestreiten. Zur selben Zeit wurde in Japan das Kinderfürsorgegesetz für Kinder mit Behinderung nachgebessert. Ich hörte, dass es mit einem Mal neue Möglichkeiten und finanzielle Unterstützung für die Nachmittagsbetreuung gab. Und dachte, dass, wenn Künstler in der Hortbetreuung arbeiten würden, es eine gute Gelegenheit für sie wäre, Geld zu verdienen; Andererseits könnten die Kinder von dieser Erfahrung ebenso profitieren. Also habe ich erste Workshops organisiert, um die Idee auszuprobieren. Die Workshops liefen so gut, sodass ich im Rahmen des neuen Kinderfürsorgegesetzes einen Hort eröffnet habe.
A: So haben Sie Ihr Unternehmen gegründet mit dem Ziel, Kunst einzusetzen, um Kinder mit Behinderung zu unterstützen?
N: Und nebenbei, da ich parallel immer noch die Galerie G geführt habe, hatte ich weiterhin die Gelegenheit, meine Kontakte in der Kunst und zu den Künstlern zu pflegen. Wir hatten also tagsüber die Hortbetreuung auf der einen Seite und die Galerie G auf der anderen, für die ich weiterhin Ausstellungen organisiert habe.
A: Hat die Tatsache, dass Sie eine Tochter mit Behinderung haben, eine Rolle gespielt?
N: Ja. Hätte meine Tochter keine Behinderung, hätte ich von all dem nichts mitbekommen. Meine Tochter hatte damals gerade die Grundschule (nach der 6. Klasse, Anm. d. Red.) abgeschlossen und war im ersten Jahr in der Mittelschule (7.-9. Klasse, Anm. d. Red.). Sie erhielt eine Sondergenehmigung: Solange eine Betreuung extra für sie verfügbar war, durfte sie ihren alten Grundschulhort weiter besuchen. Als sie ins zweite Jahr (der Mittelschule) kam – sie, dieses mittlerweile ältere Mädchen unter all den kleineren Kindern – hätte es sich für alle etwas merkwürdig angefühlt. Ich habe überlegt, was wir tun können, und ich dachte, wenn ich eine Nachmittagsbetreuung einrichten könnte, könnte meine Tochter, einfach dort untergebracht werden. Auch deshalb habe ich den Hort gegründet.
A: War das der Hauptgrund?
N: Ja, aber ich dachte auch, dass es für beide Seiten von Vorteil sein könnte: Ein Ort, an dem Künstler ihren Lebensunterhalt verdienen können, und ein Ort, an dem meine Tochter einen Platz hat.
A: Haben Sie das Gefühl, dass Sie das erreicht haben, was Sie sich ausgemalt hatten?
N: Ich glaube schon, dass ich dort angekommen bin, wo ich hinwollte. Und ich habe realisiert, dass es viel mehr Kinder wie meine Tochter gibt, die nach der Schule nirgendwo hingehen können: Die habe ich auch alle aufgenommen.
A: So gab es einen regelrechten Bedarf an Leuten wie Ihnen. – Wenn Sie die Nachmittagsbetreuung managen, tun Sie das mit dem Gefühl, dass Sie Bossin sind?
N: Ich sehe mich selbst in der Verantwortung für das große Ganze. Wenn das in der Konsequenz heißt, dass ich Bossin bin, dann bin ich es wohl. Ich bin mir bewusst darüber, dass, was auch immer passiert, ich die Verantwortung trage.
A: Aber Sie fühlen sich nicht wirklich als Bossin, verstehe ich das richtig? Haben Sie ein starkes Gefühl zu Ihrem Boss-sein?
N: Ich glaube, ich fühle mich schon in der Verantwortung. Ursprünglich habe ich den Hort ganz alleine geführt, als Soloselbstständige. Als ich immer mehr Kinder aufgenommen habe, mussten wir einfach Leute einstellen. Nach und nach bin ich gezwungenermaßen zur Bossin geworden – aus der Verantwortung heraus.
A: Wenn Sie ein normales Unternehmen führen würden, würde jeder Sie als Bossin bezeichnen: Sie hätten Angestellte, säßen am Schreibtisch und würden von dort aus die Geschicke der Firma leiten. – Bei Ihnen läuft es etwas anders: Sie verrichten dieselben Tätigkeiten wie Ihre Angestellten und leiten Ihr Unternehmen nicht vom Schreibtisch aus, als Kopf des Unternehmens.
N: Ich betrachte mich selbst eher wie eine ganz normale Angestellte, mehr als alles andere. Wenn wir nicht genug Leute sind, springe ich ein und helfe, wo ich gebraucht werde; Und ich denke, das ist das, was eine Bossin ausmacht.
A: Haben Sie also das Gefühl, dass Teil Ihrer Identität ist, dass Sie Bossin sind?
N: Ich denke, ich muss mich so fühlen. Mein Beruf bedeutet, mit Menschen zu tun zu haben. Wenn irgendetwas passiert, ein Unfall, eine Strafsache … ich spüre wirklich jeden Tag die Last der verschiedenen Verantwortlichkeiten. Und dass ich bereit sein muss, diese Verantwortung zu schultern.
A: Glauben Sie, dass es in Ihrer Branche, in der Pflege, geschlechterspezifische Vorurteile gibt?
N: Nein, das glaube ich nicht.
A: Zum Beispiel, dass Frauen und Männer aufgrund ihres Geschlechts unterschiedlich behandelt werden, z.B. dass Männer mehr zählen oder dass es einfacher ist, Frauen zu managen? Stellen Sie Unterschiede wie diese fest, wenn Sie an Ihre Angestellten denken?
N: Nein, überhaupt nicht. Auch nicht, ob ich mit Menschen aus dem Ausland arbeite oder ähnliches. Ich glaube, wir arbeiten in diesem Sinne in einer Industrie ohne Grenzen.
A: Glauben Sie, dass Frauen im Allgemeinen besser arbeiten?
N: Ich glaube schon. Das soll nicht heißen, dass Männer faul sind oder so, doch ich glaube, dass Frauen aufmerksamer sind. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir mit Kindern arbeiten.
A: Sie meinen Ihr spezielles Berufsfeld?
N: Ja, mein Berufsfeld.
A: Das heißt, Sie glauben nicht, dass Frauen härter arbeiten müssen als Männer?
N: Nein, das glaube ich nicht.
A: Was ist für Sie das Schwierigste daran, Bossin zu sein?
N: Es ist schwierig, dass jeder anders tickt. Es ist schwierig zu verstehen, was das jeweilige Gegenüber denkt.
A: Sie meinen das in Bezug auf Ihre Mitarbeiter, nicht auf die Kinder?
N: Ja, genau. Das ist das wirklich Knifflige.
A: Meine Mutter sagt – und viele andere übrigens auch – dass das das Schwierigste ist. Dass die Arbeit an sich Spaß macht, aber dass es schwierig ist, es hinzubekommen, sich ein gutes Team zusammenzustellen.
N: Ja, das ist es. Jeder Mensch lebt ein anderes Leben. Es ist schwierig, alle Aspekte eines jeweils anderen Lebens zu verstehen. Es ist generell schwierig, einander zu verstehen… Ich denke, wir arbeiten alle mit demselben Ziel. Aber vielleicht gehört auch zur Wahrheit dazu, dass ich denke, was ich zu denken neige.
A: Wir haben jetzt ausschließlich über die Hortbetreuung gesprochen, aber was ist mit der Galerie G?
N: Dort ist es ähnlich. Als ich die Galerie gegründet habe, hatten wir alle dasselbe Ziel, dieselbe Vision. Aber die Belegschaft verändert sich mit der Zeit – es sind weniger Angestellte aus den Anfangstagen da, auf drei Positionen gab es Veränderungen. So frage ich mich, ob wir unser ursprüngliches Ziel eigentlich erreicht haben. Ich versuche allerdings, die Antwort darauf nicht zu forcieren. Eine Galerie erhält ihren Charakter durch die Mitarbeiter und deren jeweilige Persönlichkeiten. Diesen Umstand muss man kennen und zu nutzen wissen.
EN Shigemi, 78 years old, owner of a beauty salon.
Kure City/Hiroshima, 2025 DE Shigemi, 78 Jahre, Inhaberin eines Schönheitssalons. Kure/Präfektur Hiroshima, 2025
EN Yukiko, 78 years old, Handmade craft artist, Hiroshima 2025 DE Yukiko, 78 Jahre, Kunsthandwerkerin. Hiroshima, 2025
EN Naruyo, 62 years old, welfare child care business owner. Hiroshima, 2025 DE Naruyo, 62 Jahre, Inhaberin einer Wohltätigkeitsorganisation für Kinder. Hiroshima, 2025
EN Miki, 52 years old, table and food coordinator. Hiroshima, 2025 DE Miki, 52 Jahre, food-and-table Stylistin. Hiroshima, 2025
EN Kayo, 72 years old, Japanese indigo artist.
Hiroshima, 2025 DE Kayo, 72 Jahre, Indigofärbekünstlerin. Hiroshima, 2025
EN Emi, 52 years old, owner of restaurant. Hiroshima,
2025 DE Emi, 52 Jahre, Restaurantinhaberin. Hiroshima, 2025
aus Hiroshima ist Fotografin und hat in Tokio und New York studiert. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen. In ihrer Fotoarbeit Here Goes River sucht sie die historische Tragödie hinter dem alltäglichen Leben im heutigen Hiroshima. Für ihre neueste Serie Life Studies hat sie in New York fotografiert.
Für b o s s | working women portraitiert Aya Fujioka Frauen in Hiroshima, die seit mehr als 10 Jahren als Bossinnen arbeiten.
Instagram
A: Vielen Dank, dass Sie heute das Interview mit mir bestreiten. Was hat Sie dazu bewogen, Bossin zu werden?
E: Ich habe 18 Jahre lang in einem Hotel gearbeitet. Als ich aus vielerlei Gründen aufhören wollte, bot man mir die Möglichkeit, das Kugurimon Café zu eröffnen. Ich dachte, dass ich die Beziehungen, die ich in den vergangenen 18 Jahren im Hotel aufgebaut hatte, in diesem neuen Lebensabschnitt gut würde nutzen können. So beschloss ich, hier Bossin zu werden.
A: Glauben Sie, dass Sie als Bossin geeignet sind?
E: Ich weiß nicht, was alle um mich herum denken, aber ich denke, ich bin dafür geeignet.
A: Haben Sie das Gefühl, dass das Geschlecht - ob Frau oder Mann - eine große Rolle dabei spielt, wo Sie jetzt arbeiten? Spüren Sie einen Gender Bias?
E: Das habe ich bisher nicht gespürt.
A: Haben Sie jemals gedacht, dass Sie froh sind, eine Frau zu sein?
E: Nun, ich möchte Dinge tun, die ich nur tun kann, weil ich eine Frau bin, also bin ich froh, dass ich eine Frau bin.
A: Hatten Sie jemals das Gefühl, dass es für Frauen schwieriger ist, Bossin zu sein, als für Männer, oder dass sie härter arbeiten müssen?
E: Das habe ich noch nie gespürt, weder im Hotel noch jetzt.
A: Was ist der größte Unterschied zwischen einer Bossin und einem normalen Angestellten?
E: Ich denke, es ist das Verantwortungsgefühl. - Es könnte sein, dass es in einigen Unternehmen durchaus einen großen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt. Allerdings habe ich sowohl in meinem ehemaligen Job im Hotel als auch heute immer genauso hart wie meine männlichen Kollegen gearbeitet; Und ich glaube, dass meine Arbeit stets anerkannt und wertgeschätzt wurde. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass ich mich nie aufgrund meines Geschlechts diskriminiert gefühlt habe. – Wäre ich verheiratet, würde ich diese Diskriminierung vielleicht eher erlebt haben. Da ich aber alleinstehend bin, kann ich tun und lassen, was immer ich will. Ich habe die letzten 50 Jahre gelebt, ohne mich als Frau diskriminiert zu fühlen.
A: Warum sind Sie Bossin geworden? Was haben Sie vorher gemacht und welche Entscheidung haben Sie getroffen, um Bossin zu werden?
N: Ursprünglich habe ich eine Kunstgalerie geführt, die ich 1989 gegründet habe. Ich habe hauptsächlich Arbeiten von jungen Künstlern aus Hiroshima ausgestellt. Die Realität hat aber gezeigt, dass die Künstler ihren Lebensunterhalt von den Ausstellungen nicht bestreiten konnten. Ich wollte aber nicht nur Kunst zeigen, die mir gefällt, sondern die Künstler in ihrem Tun unterstützen – ihren täglichen Kampf verstehen. Das Beste, was ich tun konnte, war natürlich, ihre Werke zu verkaufen. Leider wurde zu der Zeit nicht gut verkauft.
A: Diese Phase hielt lange an, nicht wahr? Es war eine Zeitlang sehr schwierig in Japan …
N: Ja, es war ziemlich schwierig. Ich habe darüber nachgedacht, wie ich jungen Künstlern helfen kann, ihren Lebensunterhalt besser zu bestreiten. Zur selben Zeit wurde in Japan das Kinderfürsorgegesetz für Kinder mit Behinderung nachgebessert. Ich hörte, dass es mit einem Mal neue Möglichkeiten und finanzielle Unterstützung für die Nachmittagsbetreuung gab. Und dachte, dass, wenn Künstler in der Hortbetreuung arbeiten würden, es eine gute Gelegenheit für sie wäre, Geld zu verdienen; Andererseits könnten die Kinder von dieser Erfahrung ebenso profitieren. Also habe ich erste Workshops organisiert, um die Idee auszuprobieren. Die Workshops liefen so gut, sodass ich im Rahmen des neuen Kinderfürsorgegesetzes einen Hort eröffnet habe.
A: So haben Sie Ihr Unternehmen gegründet mit dem Ziel, Kunst einzusetzen, um Kinder mit Behinderung zu unterstützen?
N: Und nebenbei, da ich parallel immer noch die Galerie G geführt habe, hatte ich weiterhin die Gelegenheit, meine Kontakte in der Kunst und zu den Künstlern zu pflegen. Wir hatten also tagsüber die Hortbetreuung auf der einen Seite und die Galerie G auf der anderen, für die ich weiterhin Ausstellungen organisiert habe.
A: Hat die Tatsache, dass Sie eine Tochter mit Behinderung haben, eine Rolle gespielt?
N: Ja. Hätte meine Tochter keine Behinderung, hätte ich von all dem nichts mitbekommen. Meine Tochter hatte damals gerade die Grundschule (nach der 6. Klasse, Anm. d. Red.) abgeschlossen und war im ersten Jahr in der Mittelschule (7.-9. Klasse, Anm. d. Red.). Sie erhielt eine Sondergenehmigung: Solange eine Betreuung extra für sie verfügbar war, durfte sie ihren alten Grundschulhort weiter besuchen. Als sie ins zweite Jahr (der Mittelschule) kam – sie, dieses mittlerweile ältere Mädchen unter all den kleineren Kindern – hätte es sich für alle etwas merkwürdig angefühlt. Ich habe überlegt, was wir tun können, und ich dachte, wenn ich eine Nachmittagsbetreuung einrichten könnte, könnte meine Tochter, einfach dort untergebracht werden. Auch deshalb habe ich den Hort gegründet.
A: War das der Hauptgrund?
N: Ja, aber ich dachte auch, dass es für beide Seiten von Vorteil sein könnte: Ein Ort, an dem Künstler ihren Lebensunterhalt verdienen können, und ein Ort, an dem meine Tochter einen Platz hat.
A: Haben Sie das Gefühl, dass Sie das erreicht haben, was Sie sich ausgemalt hatten?
N: Ich glaube schon, dass ich dort angekommen bin, wo ich hinwollte. Und ich habe realisiert, dass es viel mehr Kinder wie meine Tochter gibt, die nach der Schule nirgendwo hingehen können: Die habe ich auch alle aufgenommen.
A: So gab es einen regelrechten Bedarf an Leuten wie Ihnen. – Wenn Sie die Nachmittagsbetreuung managen, tun Sie das mit dem Gefühl, dass Sie Bossin sind?
N: Ich sehe mich selbst in der Verantwortung für das große Ganze. Wenn das in der Konsequenz heißt, dass ich Bossin bin, dann bin ich es wohl. Ich bin mir bewusst darüber, dass, was auch immer passiert, ich die Verantwortung trage.
A: Aber Sie fühlen sich nicht wirklich als Bossin, verstehe ich das richtig? Haben Sie ein starkes Gefühl zu Ihrem Boss-sein?
N: Ich glaube, ich fühle mich schon in der Verantwortung. Ursprünglich habe ich den Hort ganz alleine geführt, als Soloselbstständige. Als ich immer mehr Kinder aufgenommen habe, mussten wir einfach Leute einstellen. Nach und nach bin ich gezwungenermaßen zur Bossin geworden – aus der Verantwortung heraus.
A: Wenn Sie ein normales Unternehmen führen würden, würde jeder Sie als Bossin bezeichnen: Sie hätten Angestellte, säßen am Schreibtisch und würden von dort aus die Geschicke der Firma leiten. – Bei Ihnen läuft es etwas anders: Sie verrichten dieselben Tätigkeiten wie Ihre Angestellten und leiten Ihr Unternehmen nicht vom Schreibtisch aus, als Kopf des Unternehmens.
N: Ich betrachte mich selbst eher wie eine ganz normale Angestellte, mehr als alles andere. Wenn wir nicht genug Leute sind, springe ich ein und helfe, wo ich gebraucht werde; Und ich denke, das ist das, was eine Bossin ausmacht.
A: Haben Sie also das Gefühl, dass Teil Ihrer Identität ist, dass Sie Bossin sind?
N: Ich denke, ich muss mich so fühlen. Mein Beruf bedeutet, mit Menschen zu tun zu haben. Wenn irgendetwas passiert, ein Unfall, eine Strafsache … ich spüre wirklich jeden Tag die Last der verschiedenen Verantwortlichkeiten. Und dass ich bereit sein muss, diese Verantwortung zu schultern.
A: Glauben Sie, dass es in Ihrer Branche, in der Pflege, geschlechterspezifische Vorurteile gibt?
N: Nein, das glaube ich nicht.
A: Zum Beispiel, dass Frauen und Männer aufgrund ihres Geschlechts unterschiedlich behandelt werden, z.B. dass Männer mehr zählen oder dass es einfacher ist, Frauen zu managen? Stellen Sie Unterschiede wie diese fest, wenn Sie an Ihre Angestellten denken?
N: Nein, überhaupt nicht. Auch nicht, ob ich mit Menschen aus dem Ausland arbeite oder ähnliches. Ich glaube, wir arbeiten in diesem Sinne in einer Industrie ohne Grenzen.
A: Glauben Sie, dass Frauen im Allgemeinen besser arbeiten?
N: Ich glaube schon. Das soll nicht heißen, dass Männer faul sind oder so, doch ich glaube, dass Frauen aufmerksamer sind. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir mit Kindern arbeiten.
A: Sie meinen Ihr spezielles Berufsfeld?
N: Ja, mein Berufsfeld.
A: Das heißt, Sie glauben nicht, dass Frauen härter arbeiten müssen als Männer?
N: Nein, das glaube ich nicht.
A: Was ist für Sie das Schwierigste daran, Bossin zu sein?
N: Es ist schwierig, dass jeder anders tickt. Es ist schwierig zu verstehen, was das jeweilige Gegenüber denkt.
A: Sie meinen das in Bezug auf Ihre Mitarbeiter, nicht auf die Kinder?
N: Ja, genau. Das ist das wirklich Knifflige.
A: Meine Mutter sagt – und viele andere übrigens auch – dass das das Schwierigste ist. Dass die Arbeit an sich Spaß macht, aber dass es schwierig ist, es hinzubekommen, sich ein gutes Team zusammenzustellen.
N: Ja, das ist es. Jeder Mensch lebt ein anderes Leben. Es ist schwierig, alle Aspekte eines jeweils anderen Lebens zu verstehen. Es ist generell schwierig, einander zu verstehen… Ich denke, wir arbeiten alle mit demselben Ziel. Aber vielleicht gehört auch zur Wahrheit dazu, dass ich denke, was ich zu denken neige.
A: Wir haben jetzt ausschließlich über die Hortbetreuung gesprochen, aber was ist mit der Galerie G?
N: Dort ist es ähnlich. Als ich die Galerie gegründet habe, hatten wir alle dasselbe Ziel, dieselbe Vision. Aber die Belegschaft verändert sich mit der Zeit – es sind weniger Angestellte aus den Anfangstagen da, auf drei Positionen gab es Veränderungen. So frage ich mich, ob wir unser ursprüngliches Ziel eigentlich erreicht haben. Ich versuche allerdings, die Antwort darauf nicht zu forcieren. Eine Galerie erhält ihren Charakter durch die Mitarbeiter und deren jeweilige Persönlichkeiten. Diesen Umstand muss man kennen und zu nutzen wissen.
Projektträgerin:
Veranstalterin:
Förder:innen:
© 2025 Aya Fujioka, Kamila Kobierzyńska, Katrin Ribbe
Gestaltung: Bureau Sebastian Moock
Projektträgerin:
Veranstalterin:
Förder:innen:
© 2025 Aya Fujioka, Kamila Kobierzyńska,
Katrin Ribbe
Gestaltung: Bureau Sebastian Moock