EN Shigemi, 78 years old, owner of a beauty salon. Kure City/Hiroshima, 2025 DE Shigemi, 78 Jahre, Inhaberin eines
Schönheitssalons. Kure/Präfektur Hiroshima, 2025
EN Yukiko, 78 years old, Handmade craft artist, Hiroshima 2025 DE Yukiko, 78 Jahre, Kunsthandwerkerin. Hiroshima, 2025
EN Naruyo, 62 years old, welfare child care business owner. Hiroshima, 2025 DE Naruyo, 62 Jahre, Inhaberin einer Wohltätigkeitsorganisation für Kinder. Hiroshima, 2025
EN Miki, 52 years old, table and food coordinator. Hiroshima, 2025 DE Miki, 52 Jahre, food-and-table Stylistin. Hiroshima, 2025
EN Kayo, 72 years old, Japanese indigo artist. Hiroshima, 2025 DE Kayo, 72 Jahre, Indigofärbekünstlerin. Hiroshima, 2025
EN Emi, 52 years old, owner of restaurant. Hiroshima, 2025 DE Emi, 52 Jahre, Restaurantinhaberin. Hiroshima, 2025
aus Hiroshima ist Fotografin und hat in Tokio und New York studiert. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen. In ihrer Fotoarbeit Here Goes River sucht sie die historische Tragödie hinter dem alltäglichen Leben im heutigen Hiroshima. Für ihre neueste Serie Life Studies hat sie in New York fotografiert.
Für b o s s | working women portraitiert Aya Fujioka Frauen in Hiroshima, die seit mehr als 10 Jahren als Bossinnen arbeiten.
Instagram
AF: Wie bist Du zur Bossin geworden?
E: Ich habe 18 Jahre lang in einem Hotel gearbeitet. Als ich aus vielerlei Gründen aufhören wollte, bot man mir die Möglichkeit, ein neues Spezialitätencafé zu eröffnen. Ich dachte, dass dieses Spezialitätencafé der Ort wäre, an dem ich die Beziehungen, die ich in den 18 Jahren im Hotel aufgebaut hatte, für mein zukünftiges Leben nutzen könnte. So beschloss ich, hier die Bossin zu werden.
AF: Glaubst Du, dass Du zur Bossin geeignet bist?
E: Ich weiß nicht, was alle um mich herum denken, aber ich selbst denke, ich bin dafür geeignet.
AF: Hast Du das Gefühl, dass das Geschlecht - ob Frau oder Mann - eine große Rolle dabei spielt, wo Du jetzt arbeitest? Spürst Du einen Gender Bias?
E: Bisher habe ich das nicht gespürt.
AF: Hast Du jemals gedacht, dass Du froh bist, eine Frau zu sein?
E: Nun, ich möchte Dinge tun, die nur Frauen tun können, also bin ich froh, dass ich eine Frau bin.
AF: Hattest Du jemals das Gefühl, dass es für Frauen schwieriger ist, Bossin zu sein, als für Männer, oder dass sie härter arbeiten müssen?
E: Das habe ich noch nie gespürt, weder im Hotel noch jetzt. Es könnte sein, dass es in einigen Unternehmen einen großen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt, aber in meinem Hotel habe ich genauso hart gearbeitet wie die Männer, und ich glaube, ich bekam für meine harte Arbeit Anerkennung, so dass ich mich nie aufgrund des Geschlechts diskriminiert gefühlt habe. Ich habe mich nicht diskriminiert gefühlt.
Wäre ich nicht ledig, würde ich mich wahrscheinlich oft wegen des Geschlechts diskriminiert fühlen, aber da ich alleinstehend bin, kann ich tun und lassen, was ich will. Daher habe ich die letzten 50 Jahre gelebt, ohne mich diskriminiert zu fühlen.
AF: Was ist der größte Unterschied zwischen einer Bossin und einem normalen Angestellten?
E: Ich denke, es ist die Verantwortung.
Übersetzung aus dem Japanischen: Riho Taguchi
AF: Warum bist Du Bossin geworden?
Was hast Du gemacht und welche Entscheidung hast Du getroffen, um Bossin zu werden?
N: Ursprünglich habe ich 1989 eine Kunstgalerie gegründet und hauptsächlich Ausstellungen junger Künstler in Hiroshima veranstaltet, aber es war leider so, dass die Künstler damit nicht genug Geld verdienten. Ich habe nicht nur ihre Werke gezeigt, die mir gefielen, sondern auch den Hintergrund der Künstler, damit man versteht, wie prekär ihre Lage ist. Das Beste, was ich tun kann, ist natürlich, ihre Werke zu verkaufen. Allerdings gibt es immer mal wieder Zeiten, in denen es schwierig ist, Kunst zu verkaufen.
AF: Das fühlt sich dann sicher lang an.
N: In Japan ist es sehr schwer. Ich wollte einen Weg finden, um mir auch in der schwierigen Zeit meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Dann hörte ich, dass das Kinderfürsorgegesetz für Behinderte geändert wurde und dass man einen neuen Kinderhort bauen können würde. Ich habe gedacht, dass die gemeinsame Zeit von Kindern und Künstlern eine Quelle des Lebensunterhalts für die Künstler sein könnte, aber auch für die Kinder etwas ganz Neues sein könnte. So habe ich die Idee ausprobiert. Ich habe ein paar Workshops organisiert, die wirklich gut liefen. Deshalb wollte ich einen Betrieb für Tagesbetreuung nach dem Kinderfürsorgegesetz anfangen.
AF: Du hast also dieses Unternehmen gegründet, um Betreuung durch Kunst zu vermitteln?
N: Da ich zu dieser Zeit auch die Galerie geleitet habe, war meine Beziehung zu den Künstlern und ihrer Kunst besonders wertvoll. Wir hatten also eine Tagesbetreuung auf der einen Seite und die Galerie G war hauptsächlich zur Ausstellung der Werke der Künstler genutzt.
AF: Lag das auch daran, dass Deine Tochter eine Behinderung hat?
N: Ja. Wenn meine Tochter nicht behindert wäre, hätte ich nichts von dem Beruf gewusst. Meine Tochter hatte damals gerade die Grundschule (1.-6. Klasse) abgeschlossen. Als sie in die Mittelschule (7.-9. Klasse) kam, gab mir der Hort der Grundschule die Sondergenehmigung, dass sie ein Jahr lang mit einer Hilfskraft den Hort weiter besuchen darf. Aber als sie dann im zweiten Jahr der Mittelschule war, war es für alle etwas irritierend, unter all den kleinen Kindern ein großes Mädchen zu haben. Ich habe überlegt, was wir tun könnten. Ich dachte, wenn ich diesen Tagesbetreuungsbetrieb einrichte, kann meine Tochter, Hi-chan, dort untergebracht werden. Auch deshalb habe ich den Betrieb gegründet.
AF: War das der Hauptgrund?
N: Ja, aber ich dachte, es wäre sowohl gut für die Einnahmen der Künstler als auch ein Platz für Hi-chan.
AF: Bist Du dort gelandet, wo Du dachtest, dass Du landen würdest?
N: Ich glaube schon, dass wir dort angekommen sind, wo wir hinwollten. Es gibt viel mehr Kinder, die wie meine Tochter nirgendwo hingehen können, als ich mir vorgestellt hatte. Also musste ich alle aufnehmen.
AF: Fürst Du Deinen Betrieb mit dem Gefühl, dass Du jetzt die Bossin bist?
N: Ich denke, ich bin für alles verantwortlich. Wenn Du sagst, dass das bedeutet die Bossin zu sein, dann bin ich die Bossin. Ich bin darauf vorbereitet, dass ich die Verantwortung für alles übernehmen muss, wenn etwas passiert.
AF: Fühlst Du Dich selbst wie eine Bossin?
N: Ich glaube, ich fühle mich in der Verantwortung.
Ursprünglich war ich eine Soloselbstständige, ich war also auf mich allein gestellt. Aber ich habe immer mehr Kinder aufgenommen und musste deshalb mehr Leute einstellen. Ich musste immer mehr Verantwortung übernehmen und bin dadurch gezwungenermaßen zur Bossin geworden.
Eine Frau, die ein normales Unternehmen leitet, würde man vielleicht eher als Bossin bezeichnen, und mit der Vorstellung des Sitzens und Arbeitens am Schreibtisch verbinden, oder man denkt, dass sie etwas Anderes macht als ihre Mitarbeiter. Aber ich sitze nicht nur am Schreibtisch, um die Firma zu leiten, sondern bewege mich und arbeite mit meinen Mitarbeitern zusammen.
Ich betrachte mich vor allem als Dienstmädchen. Ich denke, ich bin die Bossin, weil ich dorthin gehe, wo Hilfe gebraucht wird und unterstütze.
AF: Hast Du also das Gefühl, dass Bossin oder auch Vorgesetzte zu sein Deine Identität ausmacht?
N: Ich denke, ich muss mich so fühlen. Mein Beruf hat mit Menschen zu tun. Ein Zwischenfall oder Unfall kann zu einem Strafverfahren führen. Ich spüre wirklich jeden Tag die Last der verschiedenen Verantwortlichkeiten. Ich muss bereit sein, die Verantwortung zu übernehmen.
AF: Glaubst Du, dass es heute in der Branche, im Sozialwesen, am Arbeitsplatz geschlechtsspezifische Vorurteile gibt?
N: Nein, das glaube ich nicht.
AF: Hast Du jemals einen Unterschied zwischen Männern und Frauen beobachtet. Z.B. dass es so ist, als ob Männer wichtiger wären oder es einfacher ist, Befehle an Frauen zu geben?
N: Nein. Ich denke, dass wir in einer wahrscheinlich grenzenlosen Welt sind, egal, ob man aus dem Ausland kommt oder was auch immer.
AF: Glaubst Du, dass Frauen im Allgemeinen besser arbeiten?
N: Oh, ich glaube schon. Ich denke nicht, dass Männer fauler sind, aber Frauen sind aufmerksamer. Vielleicht liegt es auch daran, dass mein Job mit Kindern zu tun hat.
AF: Es ist also nicht so, dass Frauen sich mehr anstrengen müssen als Männer um Anerkennung zu bekommen?
N: Nein, es ist nicht so.
AF: Worin besteht Deiner Meinung nach der Unterschied zwischen einer Bossin und einer berufstätigen Frau?
N: Ich denke, sie sind im Grunde genommen dasselbe, aber der Unterschied liegt in der Verantwortung. Die Menschen sind alle unterschiedlich, deshalb ist es schwierig zu verstehen, was der andere denkt.
Jeder hat sein eigenes Leben und es ist schwer alle davon zu verstehen. Ebenso schwer ist es sich gegenseitig zu verstehen. Ich hoffe, wir gehen insgesamt alle in die gleiche Richtung, aber es könnte sein, dass ich mir das zum Teil nur so einbilde.
Übersetzung aus dem Japanischen: Riho Taguchi
EN Shigemi, 78 years old, owner of a beauty salon.
Kure City/Hiroshima, 2025 DE Shigemi, 78 Jahre, Inhaberin eines Schönheitssalons. Kure/Präfektur Hiroshima, 2025
EN Yukiko, 78 years old, Handmade craft artist, Hiroshima 2025 DE Yukiko, 78 Jahre, Kunsthandwerkerin. Hiroshima, 2025
EN Naruyo, 62 years old, welfare child care business owner. Hiroshima, 2025 DE Naruyo, 62 Jahre, Inhaberin einer Wohltätigkeitsorganisation für Kinder. Hiroshima, 2025
EN Miki, 52 years old, table and food coordinator. Hiroshima, 2025 DE Miki, 52 Jahre, food-and-table Stylistin. Hiroshima, 2025
EN Kayo, 72 years old, Japanese indigo artist.
Hiroshima, 2025 DE Kayo, 72 Jahre, Indigofärbekünstlerin. Hiroshima, 2025
EN Emi, 52 years old, owner of restaurant. Hiroshima,
2025 DE Emi, 52 Jahre, Restaurantinhaberin. Hiroshima, 2025
aus Hiroshima ist Fotografin und hat in Tokio und New York studiert. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen. In ihrer Fotoarbeit Here Goes River sucht sie die historische Tragödie hinter dem alltäglichen Leben im heutigen Hiroshima. Für ihre neueste Serie Life Studies hat sie in New York fotografiert.
Für b o s s | working women portraitiert Aya Fujioka Frauen in Hiroshima, die seit mehr als 10 Jahren als Bossinnen arbeiten.
Instagram
AF: Wie bist Du zur Bossin geworden?
E: Ich habe 18 Jahre lang in einem Hotel gearbeitet. Als ich aus vielerlei Gründen aufhören wollte, bot man mir die Möglichkeit, ein neues Spezialitätencafé zu eröffnen. Ich dachte, dass dieses Spezialitätencafé der Ort wäre, an dem ich die Beziehungen, die ich in den 18 Jahren im Hotel aufgebaut hatte, für mein zukünftiges Leben nutzen könnte. So beschloss ich, hier die Bossin zu werden.
AF: Glaubst Du, dass Du zur Bossin geeignet bist?
E: Ich weiß nicht, was alle um mich herum denken, aber ich selbst denke, ich bin dafür geeignet.
AF: Hast Du das Gefühl, dass das Geschlecht - ob Frau oder Mann - eine große Rolle dabei spielt, wo Du jetzt arbeitest? Spürst Du einen Gender Bias?
E: Bisher habe ich das nicht gespürt.
AF: Hast Du jemals gedacht, dass Du froh bist, eine Frau zu sein?
E: Nun, ich möchte Dinge tun, die nur Frauen tun können, also bin ich froh, dass ich eine Frau bin.
AF: Hattest Du jemals das Gefühl, dass es für Frauen schwieriger ist, Bossin zu sein, als für Männer, oder dass sie härter arbeiten müssen?
E: Das habe ich noch nie gespürt, weder im Hotel noch jetzt. Es könnte sein, dass es in einigen Unternehmen einen großen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt, aber in meinem Hotel habe ich genauso hart gearbeitet wie die Männer, und ich glaube, ich bekam für meine harte Arbeit Anerkennung, so dass ich mich nie aufgrund des Geschlechts diskriminiert gefühlt habe. Ich habe mich nicht diskriminiert gefühlt.
Wäre ich nicht ledig, würde ich mich wahrscheinlich oft wegen des Geschlechts diskriminiert fühlen, aber da ich alleinstehend bin, kann ich tun und lassen, was ich will. Daher habe ich die letzten 50 Jahre gelebt, ohne mich diskriminiert zu fühlen.
AF: Was ist der größte Unterschied zwischen einer Bossin und einem normalen Angestellten?
E: Ich denke, es ist die Verantwortung.
Übersetzung aus dem Japanischen: Riho Taguchi
AF: Warum bist Du Bossin geworden?
Was hast Du gemacht und welche Entscheidung hast Du getroffen, um Bossin zu werden?
N: Ursprünglich habe ich 1989 eine Kunstgalerie gegründet und hauptsächlich Ausstellungen junger Künstler in Hiroshima veranstaltet, aber es war leider so, dass die Künstler damit nicht genug Geld verdienten. Ich habe nicht nur ihre Werke gezeigt, die mir gefielen, sondern auch den Hintergrund der Künstler, damit man versteht, wie prekär ihre Lage ist. Das Beste, was ich tun kann, ist natürlich, ihre Werke zu verkaufen. Allerdings gibt es immer mal wieder Zeiten, in denen es schwierig ist, Kunst zu verkaufen.
AF: Das fühlt sich dann sicher lang an.
N: In Japan ist es sehr schwer. Ich wollte einen Weg finden, um mir auch in der schwierigen Zeit meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Dann hörte ich, dass das Kinderfürsorgegesetz für Behinderte geändert wurde und dass man einen neuen Kinderhort bauen können würde. Ich habe gedacht, dass die gemeinsame Zeit von Kindern und Künstlern eine Quelle des Lebensunterhalts für die Künstler sein könnte, aber auch für die Kinder etwas ganz Neues sein könnte. So habe ich die Idee ausprobiert. Ich habe ein paar Workshops organisiert, die wirklich gut liefen. Deshalb wollte ich einen Betrieb für Tagesbetreuung nach dem Kinderfürsorgegesetz anfangen.
AF: Du hast also dieses Unternehmen gegründet, um Betreuung durch Kunst zu vermitteln?
N: Da ich zu dieser Zeit auch die Galerie geleitet habe, war meine Beziehung zu den Künstlern und ihrer Kunst besonders wertvoll. Wir hatten also eine Tagesbetreuung auf der einen Seite und die Galerie G war hauptsächlich zur Ausstellung der Werke der Künstler genutzt.
AF: Lag das auch daran, dass Deine Tochter eine Behinderung hat?
N: Ja. Wenn meine Tochter nicht behindert wäre, hätte ich nichts von dem Beruf gewusst. Meine Tochter hatte damals gerade die Grundschule (1.-6. Klasse) abgeschlossen. Als sie in die Mittelschule (7.-9. Klasse) kam, gab mir der Hort der Grundschule die Sondergenehmigung, dass sie ein Jahr lang mit einer Hilfskraft den Hort weiter besuchen darf. Aber als sie dann im zweiten Jahr der Mittelschule war, war es für alle etwas irritierend, unter all den kleinen Kindern ein großes Mädchen zu haben. Ich habe überlegt, was wir tun könnten. Ich dachte, wenn ich diesen Tagesbetreuungsbetrieb einrichte, kann meine Tochter, Hi-chan, dort untergebracht werden. Auch deshalb habe ich den Betrieb gegründet.
AF: War das der Hauptgrund?
N: Ja, aber ich dachte, es wäre sowohl gut für die Einnahmen der Künstler als auch ein Platz für Hi-chan.
AF: Bist Du dort gelandet, wo Du dachtest, dass Du landen würdest?
N: Ich glaube schon, dass wir dort angekommen sind, wo wir hinwollten. Es gibt viel mehr Kinder, die wie meine Tochter nirgendwo hingehen können, als ich mir vorgestellt hatte. Also musste ich alle aufnehmen.
AF: Fürst Du Deinen Betrieb mit dem Gefühl, dass Du jetzt die Bossin bist?
N: Ich denke, ich bin für alles verantwortlich. Wenn Du sagst, dass das bedeutet die Bossin zu sein, dann bin ich die Bossin. Ich bin darauf vorbereitet, dass ich die Verantwortung für alles übernehmen muss, wenn etwas passiert.
AF: Fühlst Du Dich selbst wie eine Bossin?
N: Ich glaube, ich fühle mich in der Verantwortung.
Ursprünglich war ich eine Soloselbstständige, ich war also auf mich allein gestellt. Aber ich habe immer mehr Kinder aufgenommen und musste deshalb mehr Leute einstellen. Ich musste immer mehr Verantwortung übernehmen und bin dadurch gezwungenermaßen zur Bossin geworden.
Eine Frau, die ein normales Unternehmen leitet, würde man vielleicht eher als Bossin bezeichnen, und mit der Vorstellung des Sitzens und Arbeitens am Schreibtisch verbinden, oder man denkt, dass sie etwas Anderes macht als ihre Mitarbeiter. Aber ich sitze nicht nur am Schreibtisch, um die Firma zu leiten, sondern bewege mich und arbeite mit meinen Mitarbeitern zusammen.
Ich betrachte mich vor allem als Dienstmädchen. Ich denke, ich bin die Bossin, weil ich dorthin gehe, wo Hilfe gebraucht wird und unterstütze.
AF: Hast Du also das Gefühl, dass Bossin oder auch Vorgesetzte zu sein Deine Identität ausmacht?
N: Ich denke, ich muss mich so fühlen. Mein Beruf hat mit Menschen zu tun. Ein Zwischenfall oder Unfall kann zu einem Strafverfahren führen. Ich spüre wirklich jeden Tag die Last der verschiedenen Verantwortlichkeiten. Ich muss bereit sein, die Verantwortung zu übernehmen.
AF: Glaubst Du, dass es heute in der Branche, im Sozialwesen, am Arbeitsplatz geschlechtsspezifische Vorurteile gibt?
N: Nein, das glaube ich nicht.
AF: Hast Du jemals einen Unterschied zwischen Männern und Frauen beobachtet. Z.B. dass es so ist, als ob Männer wichtiger wären oder es einfacher ist, Befehle an Frauen zu geben?
N: Nein. Ich denke, dass wir in einer wahrscheinlich grenzenlosen Welt sind, egal, ob man aus dem Ausland kommt oder was auch immer.
AF: Glaubst Du, dass Frauen im Allgemeinen besser arbeiten?
N: Oh, ich glaube schon. Ich denke nicht, dass Männer fauler sind, aber Frauen sind aufmerksamer. Vielleicht liegt es auch daran, dass mein Job mit Kindern zu tun hat.
AF: Es ist also nicht so, dass Frauen sich mehr anstrengen müssen als Männer um Anerkennung zu bekommen?
N: Nein, es ist nicht so.
AF: Worin besteht Deiner Meinung nach der Unterschied zwischen einer Bossin und einer berufstätigen Frau?
N: Ich denke, sie sind im Grunde genommen dasselbe, aber der Unterschied liegt in der Verantwortung. Die Menschen sind alle unterschiedlich, deshalb ist es schwierig zu verstehen, was der andere denkt.
Jeder hat sein eigenes Leben und es ist schwer alle davon zu verstehen. Ebenso schwer ist es sich gegenseitig zu verstehen. Ich hoffe, wir gehen insgesamt alle in die gleiche Richtung, aber es könnte sein, dass ich mir das zum Teil nur so einbilde.
Übersetzung aus dem Japanischen: Riho Taguchi
Projektträgerin:
Veranstalterin:
Förder:innen:
© 2025 Aya Fujioka, Kamila Kobierzyńska, Katrin Ribbe
Gestaltung: Bureau Sebastian Moock
Projektträgerin:
Veranstalterin:
Förder:innen:
© 2025 Aya Fujioka, Kamila Kobierzyńska,
Katrin Ribbe
Gestaltung: Bureau Sebastian Moock