EN Dorota Tarnowska-Urbanik, textile artist. Poznań, 2025 DE Dorota Tarnowska-Urbanik, Textilkünstlerin. Poznań, 2025
EN Gosia Bartosik, visual artist. Poznań, 2025 DE Gosia Bartosik, Visuelle Künstlerin. Poznań, 2025
EN Magdalena Kucharska HADAKI, ceramicist. Poznań, 2025 DE Magdalena Kucharska HADAKI, Keramikkünstlerin. Poznań, 2025
EN Martyna Pająk, sculptress. Poznań, 2025 DE Martyna Pająk, Bildhauerin. Poznań, 2025
EN Magdalena Jugo, ceramicist. Poznań, 2025 DE Magdalena Jugo, Keramikkünstlerin. Poznań, 2025
EN Kinga Popiela, painter. Poznań, 2025 DE Kinga Popiela, Malerin. Poznań, 2025
aus Poznán ist Bildende Künstlerin, Dozentin für Fotografie und Leiterin von Experimentier- und Kunsträumen an der Abakanowicz-Universität der Künste sowie am Kulturzentrum Zamek – einer der größten Kultureinrichtungen Polens. Kamila Kobierzyńskas Arbeiten werden vielerorts ausgestellt, u. a. in Belgien, Georgien, der Tschechischen Republik, Indonesien, Portugal und Polen.
Für b o s s | working women portraitiert sie Bildende Künstlerinnen unterschiedlichen Alters und soziokulturellen Hintergrunds in Poznań.
Website Instagram
K: Wie kam es, dass Du das Textilatelier an der Kunstuniversität Magdalena Abakanowicz in Poznań leitest, und was hat Dich an den Ort gebracht, an dem Du jetzt bist?
D: Nach meinem Studium der Druckgrafik hatte ich die Gelegenheit, ein Jahr im Textilatelier zu studieren. In meinem letzten Studienjahr bin ich im Rahmen eines Stipendiums nach Bratislava gegangen; nach meiner Rückkehr habe ich mein Diplom gemacht, verteidigt und wusste schon während meines Studienabschlusses, dass ich mein Wissen teilen und in die Lehre gehen möchte. Ich wusste, dass es in Poznań dafür eher keinen Platz geben würde. Ich wollte nicht dortbleiben, nur um gegen die Schwierigkeiten des Alltags anzukämpfen, also musste ich mir eine Arbeit suchen und habe noch vor dem Diplom meinen Lebenslauf an unterschiedliche Kunstgymnasien geschickt. Ich bekam einige Angebote, dann war ich bei ein paar Vorstellungsgesprächen und schließlich fing ich an einem Kunstgymnasium ziemlich weit weg von Poznań an - in Jarosław im Karpatenvorland. Ich bin mit meinem damaligen Mann dann also in den Osten von Polen gezogen, wir fingen ganz von vorne an. Ich habe dort zwei Jahre lang gelebt, damals hatte ich eine Menge Energie, und das, obwohl ich wusste, dass es ein Ort ist, der ganz schön weit ab vom Schuss ist. Die Arbeit mit den Schüler*innen hat mich erfüllt, ich bin auf Exkursionen gefahren und habe die Schüler*innen bei ihren ersten künstlerischen Abschlüssen angeleitet und betreut. Wir haben in der Altstadt von Jarosław gewohnt, die Lebenshaltungskosten waren im Vergleich zu Poznań minimal und es war unweit von Przemyśl, der Berge und der Ukraine. Nach einem Jahr bin ich ins Grübeln gekommen und habe festgestellt, dass ich, um weiterhin so viel Energie für die didaktische und künstlerische Arbeit zu haben, auch an meine eigene Entwicklung denken muss – kurze Zeit später habe ich meine Dissertation in Krakau eingereicht und verteidigt. Nach zwei Jahren hat sich dann Frau Prof. Anna Goebel aus besagtem Textilatelier bei mir gemeldet und mich gefragt, ob ich nicht nach Poznań zurückkommen möchte, weil sie auf der Suche nach einer Assistentin ist und so war ich dann zehn Jahre lang Assistentin in diesem Atelier. Seit zwei Jahren bin ich unter Beratung von Prof. Anna Goebel als Atelierleiterin tätig, wo ich mit Lidia Wojcieszak zusammenarbeite.
K: Würdest Du deine Rolle als Chefin, Führungskraft bzw. Leitung als einen elementaren Bestandteil deiner Persönlichkeit bezeichnen, oder ist Dir eine andere Rolle vielleicht wichtiger?
D: Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich habe den Eindruck, dass die wichtigste Sache, die mich ausmacht, meine Mutterschaft ist. Ich bin Künstlerin, ich bin Pädagogin. Wenn ich kein Zuhause und keine Familie hätte, wäre ich nicht an diesem Punkt meiner künstlerischen Tätigkeit. Das ist sehr wichtig. Ich wäre bestimmt an einem anderen Ort, da wären andere Dinge für mich entscheidender. Daher denke ich, dass es diese drei Dinge sind, die miteinander in Verbindung treten. Ich kann mir nicht vorstellen, Kunst zu machen und den Haushalt dabei zu vernachlässigen. Deshalb arbeite ich oft in der Nacht, ich fange entweder nach 20 Uhr zu arbeiten an oder arbeite an den Tagen künstlerisch, wenn ich nicht an der Uni unterrichte und die Kinder in der Schule sind. Wenn die Kinder nach Hause kommen, wartet immer ein warmes Mittagessen auf sie. In Bezug auf die Vereinbarkeit dieser drei Rollen arbeite ich sehr gut von zuhause aus, weil ich mich dort sicher fühle und keine Fahrtzeit verliere.
K: Glaubst Du, dass es in deinem Arbeitsumfeld geschlechtsspezifische Vorurteile gibt? Oder andersherum gefragt, gibt es vielleicht irgendwelche Privilegien?
D: Direkt erlebt habe ich so etwas nicht. Wenn es etwas gab, dann hinter meinem Rücken. Ich weiß, was ich kann und was nicht, ich bin selbstkritisch und habe auch ein Selbstwertgefühl, von daher könnte ich auf so eine Situation schon reagieren. Außerdem habe ich den Eindruck, dass diese Spannungen nicht aufgrund des Geschlechts entstehen, aus dem Verlangen nach Macht oder Dominanz heraus, sondern aufgrund von kleinen Eifersüchteleien im direkten Umfeld, geringer Toleranz und wenig Distanz zur eigenen schöpferischen Arbeit. Wir umgeben uns gerne mit Menschen, die uns in künstlerischer Hinsicht ähnlich sind und können es dann oft nicht ertragen, wenn jemand zwar ein guter Mensch und Pädagoge, aber keine interessante Künstlerpersönlichkeit ist.
K: Glaubst Du, dass Frauen härter arbeiten müssen als Männer, um sich in den Augen Augen anderer erfolgreich zu sein? Oder fällt es Männern vielleicht gerade wegen des Geschlechts leichter?
D: Vielleicht ist das jetzt wieder eine unpopular opinion von mir gegenüber Frauen, weil ich weiß, dass Frauen oft denken, dass sie mehr leisten müssen. Es gibt Bereiche, in denen Männer stärker vertreten sind, sie sind besser verfügbarer. Ich weiß, dass ich als Mutter zum Beispiel schlechter verfügbar bin und es eben nicht schaffe, manche Dinge in derselben Zeit zu erledigen wie mein männlicher Arbeitskollege. Dafür kann ich andere Dinge, für die er zum Beispiel nicht die Geduld hat oder die er nicht mag oder kann. Deshalb möchte ich gar nicht den Gedanken nähren, ob ich jetzt mehr oder weniger machen soll … Ich tue, soviel ich kann. Und das mache ich so, damit ich zufrieden bin und meiner Verantwortung gerecht werde. In den vielen Jahren, die ich an der Universität gearbeitet habe, bin ich immer pünktlich zur Arbeit gekommen und habe mich nur selten krankschreiben lassen, und das obwohl Kinder oft krank werden. Ich habe mir Mühe gegeben. Vielleicht weiß ich deswegen nicht, was Langeweile ist. Ich bewege mich zum Glück in einem Umfeld, in dem mir geschlechtsspezifische Vorurteile nicht begegnen. Früher gab es das eher in Bezug auf meine Position, und dann denke ich immer, dass es wichtigere Dinge gibt und dass ich mich nicht manipulieren lassen sollte, damit ich nicht zum Spielball werde.
K: Hast Du einen Unterschied wahrgenommen, als Du Atelierleiterin geworden bist im Vergleich zu deinen früheren Positionen als Pädagogin und als Assistentin im Textilkunstatelier?
D: Ja, ich habe einen Unterschied wahrgenommen. Jetzt erstelle ich das Atelierprogramm selbst und zeichne es ab, die Verantwortung liegt seitdem bei mir. Gleichzeitig spüre ich keinen Unterschied, wenn es um die administrative Arbeit bezüglich des Ateliers geht, weil ich das schon früher als Assistentin gemacht habe und bereits wusste, wie Studienprogramme, Pläne und Lehrpläne erstellt werden und wie das Universitätssystem funktioniert. Ich habe jetzt die Leitungsverantwortung für eines dieser Ateliers an der Universität; Ein wichtiger Teil der Kunstgeschichte liegt jetzt in meinen Händen. Ich denke, es ist ein mentaler Unterschied und mit Sicherheit eine Auszeichnung, eine Ehre. Ich freue mich, wenn ich sehe, wie ein Student eine Idee entwickelt oder wenn es ihm gelingt, eigene Grenzen zu überwinden oder neue Dinge lernt, die ihm früher fremd waren. Ein Dilemma allerdings bleibt – sollte man mehr fordern oder mehr Freiheit zulassen …
K: Wie gestaltet sich dein Werdegang in der Kunstkeramik? Kannst Du einen Wendepunkt in deiner Karriere ausmachen?
M: Es fing alles damit an, dass ich im Rahmen des Erasmus-Programms ein Studium in Maastricht in den Niederlanden angefangen habe und dann sogar das ganze zweite Studienjahr auch dort verbracht habe – ich war von der Keramikwerkstatt sehr angetan. Sie war hervorragend ausgestattet und die Kurse waren sehr interessant, allein der Herstellungsprozess war schon unglaublich zufriedenstellend - die Kurse behandelten Formtechniken sowie das Abgießen auf Grundlage von Gipsmodellen. Das war nicht mehr händisches Modellieren von Ton, auch kein Drehen an der Töpferscheibe, vielmehr war es eine Einführung in einen sehr industriellen Prozess, wie er in Fabriken zum Tragen kommt, und der besteht genau im Abgießen von Gipsformen. Das fand ich sehr interessant; zufriedenstellend war es in der Hinsicht, dass man nur eine Form anfertigt und ausgehend von dieser sehr viele Objekte erhält, die einander sehr ähneln, ja, identisch sind – auf diese Art kann man diesen Produktionsprozess sehr gut kontrollieren. Das war die Initialzündung, bei der mein Interesse für Keramik überhaupt erst geweckt wurde, das war vor zwölf Jahren. Später hatte ich die ganze Zeit Berührungspunkte mit dieser Art von Keramik, mal mehr, mal weniger. Der Wendepunkt trat dann nach meinem Studienabschluss ein, er bestand aus einer Zuwendung für einen Brennofen und eine Drehscheibe vom Arbeitsamt in Poznań, um Prototypen anfertigen zu können; das Geld reichte auch für eine bescheidene Ausstattung der Werkstatt. Das war der Moment, an dem ich mir vorgenommen habe, mich unbedingt in diese Richtung weiterentwickeln zu wollen; weiterentwickeln höchstwahrscheinlich auch insofern, dass ich dieses Interesse auch zu einem potenziellen Business ausbauen könnte.
K: Deine Doktorarbeit „Traum über eine Region“ war künstlerisch betrachtet sicher auch ein wichtiger Moment, oder?
M: Ja, das war der nächste Wendepunkt auf meinem künstlerisch-professionellen Werdegang in puncto Keramik. Ich hatte den ausgeprägten Wunsch, eine Reihe von Objekten herzustellen, die meine Geburtsregion repräsentieren würden – Großpolen / Wielkopolska. Die Gegend fand ich schon immer unspannend / langweilig und uninteressant und habe mir deshalb die Herausforderung gestellt, Anknüpfungspunkte für eine zeitgenössische regionale Keramikkollektion zu finden, die sowohl ansprechend sein soll, als auch die Idee von Recycling mit alten Keramik-Brenntechniken verbinden soll. Ich wollte in der Dissertation auch Forschungsergebnisse über die alte, historische Brennmethode (des) Raugo einflechten. Das ist eine Brennmethode der baltischen Völker, bei der man die Keramik in Brot-Sauerteig taucht und die dann sehr rauchige Spuren auf der Oberfläche der Keramik entstehen lässt. Genau diese Kollektion leistete dann den Beitrag, um mich nicht nur künstlerisch zu verwirklichen, weil sie eben auch den kommerziellen Weg ebnete.
K: Nimmst Du dich als eine führende Künstler-Persönlichkeit wahr?
M: Ich würde den Begriff der Designerin verwenden – das Künstlerische ist darin enthalten, weil ich etwas erschaffe, zuallererst einmal die Konzeption, und dann stelle ich auch noch das physische Objekt her. Den Prozess des Gestaltens finde ich sehr angenehm, man prüft darin das Volumen und die Maße der Objekte, man plant den Produktionsprozesses, legt die Komposition der Pigmente fest, denkt über die Glasurmethode nach – das alles hängt meines Erachtens mehr mit dem Entwerfen und der Planung eines bestimmten Prozesses zusammen, es geht erst später um die spezifische und bestmögliche Ausführung. Da ist nicht mehr viel Platz für Spontaneität, es geht eher um gute Kenntnisse der Technologie. Andererseits bemühe ich mich, mich in der Definition der Keramikkünstlerin nicht zu limitieren, indem ich nur Becher herstelle - es ist mir sehr wichtig, beide Rollen auszufüllen: Also auch die derjenigen, die den Entwurf macht, plant und die Modelle auch verkauft. Das sind wiederholbare und ein wenig mühsame Verfahren – gerade deshalb ist es mir wichtig, die andere, experimentell-konzeptionelle Arbeit zu behalten. Beide Rollen möchte ich in meiner Praxis miteinander verbinden.
K: Innerhalb des Bereichs, den Du für ausgewählt hast - also im weitesten Sinne Keramik - triffst Du bestimmt auf viele andere Designerinnen, Künstlerinnen, Handwerkerinnen. Hast Du den Eindruck, dass die Kategorie „Geschlecht“ innerhalb der Designbranche Vorurteile mit sich bringt?
M: Ja, das merke ich allein schon beim Ausbau meiner künstlerisch-kreativen Arbeit zu einem kleinen Unternehmen – die Kompetenzen des Unternehmensaufbaus und der Geschäftsführung, durch die das viele nötige Geld wieder reinkommt, lerne ich noch immer von meinem Vater, der ein Geschäftsmann durch und durch ist. Es gibt bestimmte Fertigkeiten innerhalb des Managements, der Planung und der Kunden-Gesprächsführung, und da lerne ich bei jedem Auftrag etwas Neues dazu. Manchmal sind das ganz schön harte Lektionen, zum Beispiel wenn sich herausstellt, dass jemand meinen guten Willen ausnutzt. Ich denke, dass ein Teil der Fertigkeiten, was Verhandlungsgeschick und Management angeht, einer eher maskulinen Verhaltensweise zugeordnet wird, aber ich bemühe mich, mir eben nicht Fragen nach dem Motto „Was fehlt mir geschlechtsspezifisch?“, zu stellen. Davon unabhängig versuche ich, gute Arbeit zu leisten und dem Plan, so wie ich ihn mir vorgenommen habe, zu folgen. Früher gab es schon Situationen, in denen meine Kompetenz in Abrede gestellt wurde, weil ich eine Frau bin, aber das ist wahrscheinlich ein Generationenkonflikt.
K: Ist dir aufgefallen, dass Frauen im Vergleich zu Männern ihren Aufgaben mehr Aufmerksamkeit schenken?
M: Ja, den Eindruck habe ich schon. Ich selbst bin eine Person, die versucht, mehr Arbeit und Sorgfalt an den Tag zu legen, um zu beweisen, dass ich nicht ohne Grund an diesem Ort gelandet bin. Selbst wenn ich versuche, das zu kontrollieren und mir immer wieder vorsage, dass ich kompetent bin und dass ich nichts mit zusätzlicher Arbeit oder Sorgfalt wettmachen muss, passiert das manchmal ganz von selbst. Da finde ich mich dann schnell in der Rolle einer verfügbaren Person wieder, die alles sehr gut machen will. Das kommt auch durch die Selbstständigkeit – Du bist die ganze Zeit latent damit beschäftigt, aber gleichzeitig zeigst Du auch, dass es Dir sehr wichtig ist.
K: Siehst Du einen Unterschied zwischen einer Person, die in einem ähnlichen Bereich angestellt arbeitet, und einer, die ein selbstständiges Gewerbe führt, von der alles abhängt und die so eine self-made-woman beziehungsweise eine Businessfrau ist?
M: Das ist ein sehr, sehr wichtiger Punkt für mich. Ich habe den Eindruck, dass das Arbeiten nach eigenen Vorstellungen für mich als Mensch einfach außerordentlich wichtig ist und dass das allgemein einen hohen Stellenwert im Leben hat. Natürlich hat diese Freiheit zwei Seiten, am Ende bin es ja ich, die in diesem Business alles verantworten muss. Einerseits kann ich ein Kontrollfreak sein, der alles gern unter seiner Fuchtel hat - und irgendwie finde ich das auch gut - aber manchmal macht mich das auch fertig. Ich bin verantwortlich für den Kundenkontakt, die Lieferungen, die Keramikanfertigung, aber ich muss auch darauf achten, mich konzeptionell weiterzuentwickeln. Manchmal träume ich tatsächlich davon, ein Team aufzubauen – aber auch wenn ich ein Team hätte, würde ich weiterhin wollen, dass die Arbeit unter meinen Voraussetzungen stattfindet, also in meinem Studio, wo ich die Muster nach meinen Vorstellungen anfertige, und wo ich meinen Tagesplan selbst erstelle – das ist mir auch sehr wichtig.
EN Dorota Tarnowska-Urbanik, textile artist. Poznań, 2025 DE Dorota Tarnowska-Urbanik, Textilkünstlerin. Poznań, 2025
EN Gosia Bartosik, visual artist. Poznań, 2025
DE Gosia Bartosik, Visuelle Künstlerin. Poznań, 2025
EN Magdalena Kucharska HADAKI, ceramicist.
Poznań, 2025 DE Magdalena Kucharska HADAKI, Keramikkünstlerin. Poznań, 2025
EN Martyna Pająk, sculptress. Poznań, 2025
DE Martyna Pająk, Bildhauerin. Poznań, 2025
EN Magdalena Jugo, ceramicist. Poznań, 2025 DE Magdalena Jugo, Keramikkünstlerin. Poznań, 2025
EN Kinga Popiela, painter. Poznań, 2025 DE Kinga Popiela, Malerin. Poznań, 2025
aus Poznán ist Bildende Künstlerin, Dozentin für Fotografie und Leiterin von Experimentier- und Kunsträumen an der Abakanowicz-Universität der Künste sowie am Kulturzentrum Zamek – einer der größten Kultureinrichtungen Polens. Kamila Kobierzyńskas Arbeiten werden vielerorts ausgestellt, u. a. in Belgien, Georgien, der Tschechischen Republik, Indonesien, Portugal und Polen.
Für b o s s | working women portraitiert sie Bildende Künstlerinnen unterschiedlichen Alters und soziokulturellen Hintergrunds in Poznań.
Website Instagram
K: Wie kam es, dass Du das Textilatelier an der Kunstuniversität Magdalena Abakanowicz in Poznań leitest, und was hat Dich an den Ort gebracht, an dem Du jetzt bist?
D: Nach meinem Studium der Druckgrafik hatte ich die Gelegenheit, ein Jahr im Textilatelier zu studieren. In meinem letzten Studienjahr bin ich im Rahmen eines Stipendiums nach Bratislava gegangen; nach meiner Rückkehr habe ich mein Diplom gemacht, verteidigt und wusste schon während meines Studienabschlusses, dass ich mein Wissen teilen und in die Lehre gehen möchte. Ich wusste, dass es in Poznań dafür eher keinen Platz geben würde. Ich wollte nicht dortbleiben, nur um gegen die Schwierigkeiten des Alltags anzukämpfen, also musste ich mir eine Arbeit suchen und habe noch vor dem Diplom meinen Lebenslauf an unterschiedliche Kunstgymnasien geschickt. Ich bekam einige Angebote, dann war ich bei ein paar Vorstellungsgesprächen und schließlich fing ich an einem Kunstgymnasium ziemlich weit weg von Poznań an - in Jarosław im Karpatenvorland. Ich bin mit meinem damaligen Mann dann also in den Osten von Polen gezogen, wir fingen ganz von vorne an. Ich habe dort zwei Jahre lang gelebt, damals hatte ich eine Menge Energie, und das, obwohl ich wusste, dass es ein Ort ist, der ganz schön weit ab vom Schuss ist. Die Arbeit mit den Schüler*innen hat mich erfüllt, ich bin auf Exkursionen gefahren und habe die Schüler*innen bei ihren ersten künstlerischen Abschlüssen angeleitet und betreut. Wir haben in der Altstadt von Jarosław gewohnt, die Lebenshaltungskosten waren im Vergleich zu Poznań minimal und es war unweit von Przemyśl, der Berge und der Ukraine. Nach einem Jahr bin ich ins Grübeln gekommen und habe festgestellt, dass ich, um weiterhin so viel Energie für die didaktische und künstlerische Arbeit zu haben, auch an meine eigene Entwicklung denken muss – kurze Zeit später habe ich meine Dissertation in Krakau eingereicht und verteidigt. Nach zwei Jahren hat sich dann Frau Prof. Anna Goebel aus besagtem Textilatelier bei mir gemeldet und mich gefragt, ob ich nicht nach Poznań zurückkommen möchte, weil sie auf der Suche nach einer Assistentin ist und so war ich dann zehn Jahre lang Assistentin in diesem Atelier. Seit zwei Jahren bin ich unter Beratung von Prof. Anna Goebel als Atelierleiterin tätig, wo ich mit Lidia Wojcieszak zusammenarbeite.
K: Würdest Du deine Rolle als Chefin, Führungskraft bzw. Leitung als einen elementaren Bestandteil deiner Persönlichkeit bezeichnen, oder ist Dir eine andere Rolle vielleicht wichtiger?
D: Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich habe den Eindruck, dass die wichtigste Sache, die mich ausmacht, meine Mutterschaft ist. Ich bin Künstlerin, ich bin Pädagogin. Wenn ich kein Zuhause und keine Familie hätte, wäre ich nicht an diesem Punkt meiner künstlerischen Tätigkeit. Das ist sehr wichtig. Ich wäre bestimmt an einem anderen Ort, da wären andere Dinge für mich entscheidender. Daher denke ich, dass es diese drei Dinge sind, die miteinander in Verbindung treten. Ich kann mir nicht vorstellen, Kunst zu machen und den Haushalt dabei zu vernachlässigen. Deshalb arbeite ich oft in der Nacht, ich fange entweder nach 20 Uhr zu arbeiten an oder arbeite an den Tagen künstlerisch, wenn ich nicht an der Uni unterrichte und die Kinder in der Schule sind. Wenn die Kinder nach Hause kommen, wartet immer ein warmes Mittagessen auf sie. In Bezug auf die Vereinbarkeit dieser drei Rollen arbeite ich sehr gut von zuhause aus, weil ich mich dort sicher fühle und keine Fahrtzeit verliere.
K: Glaubst Du, dass es in deinem Arbeitsumfeld geschlechtsspezifische Vorurteile gibt? Oder andersherum gefragt, gibt es vielleicht irgendwelche Privilegien?
D: Direkt erlebt habe ich so etwas nicht. Wenn es etwas gab, dann hinter meinem Rücken. Ich weiß, was ich kann und was nicht, ich bin selbstkritisch und habe auch ein Selbstwertgefühl, von daher könnte ich auf so eine Situation schon reagieren. Außerdem habe ich den Eindruck, dass diese Spannungen nicht aufgrund des Geschlechts entstehen, aus dem Verlangen nach Macht oder Dominanz heraus, sondern aufgrund von kleinen Eifersüchteleien im direkten Umfeld, geringer Toleranz und wenig Distanz zur eigenen schöpferischen Arbeit. Wir umgeben uns gerne mit Menschen, die uns in künstlerischer Hinsicht ähnlich sind und können es dann oft nicht ertragen, wenn jemand zwar ein guter Mensch und Pädagoge, aber keine interessante Künstlerpersönlichkeit ist.
K: Glaubst Du, dass Frauen härter arbeiten müssen als Männer, um sich in den Augen Augen anderer erfolgreich zu sein? Oder fällt es Männern vielleicht gerade wegen des Geschlechts leichter?
D: Vielleicht ist das jetzt wieder eine unpopular opinion von mir gegenüber Frauen, weil ich weiß, dass Frauen oft denken, dass sie mehr leisten müssen. Es gibt Bereiche, in denen Männer stärker vertreten sind, sie sind besser verfügbarer. Ich weiß, dass ich als Mutter zum Beispiel schlechter verfügbar bin und es eben nicht schaffe, manche Dinge in derselben Zeit zu erledigen wie mein männlicher Arbeitskollege. Dafür kann ich andere Dinge, für die er zum Beispiel nicht die Geduld hat oder die er nicht mag oder kann. Deshalb möchte ich gar nicht den Gedanken nähren, ob ich jetzt mehr oder weniger machen soll … Ich tue, soviel ich kann. Und das mache ich so, damit ich zufrieden bin und meiner Verantwortung gerecht werde. In den vielen Jahren, die ich an der Universität gearbeitet habe, bin ich immer pünktlich zur Arbeit gekommen und habe mich nur selten krankschreiben lassen, und das obwohl Kinder oft krank werden. Ich habe mir Mühe gegeben. Vielleicht weiß ich deswegen nicht, was Langeweile ist. Ich bewege mich zum Glück in einem Umfeld, in dem mir geschlechtsspezifische Vorurteile nicht begegnen. Früher gab es das eher in Bezug auf meine Position, und dann denke ich immer, dass es wichtigere Dinge gibt und dass ich mich nicht manipulieren lassen sollte, damit ich nicht zum Spielball werde.
K: Hast Du einen Unterschied wahrgenommen, als Du Atelierleiterin geworden bist im Vergleich zu deinen früheren Positionen als Pädagogin und als Assistentin im Textilkunstatelier?
D: Ja, ich habe einen Unterschied wahrgenommen. Jetzt erstelle ich das Atelierprogramm selbst und zeichne es ab, die Verantwortung liegt seitdem bei mir. Gleichzeitig spüre ich keinen Unterschied, wenn es um die administrative Arbeit bezüglich des Ateliers geht, weil ich das schon früher als Assistentin gemacht habe und bereits wusste, wie Studienprogramme, Pläne und Lehrpläne erstellt werden und wie das Universitätssystem funktioniert. Ich habe jetzt die Leitungsverantwortung für eines dieser Ateliers an der Universität; Ein wichtiger Teil der Kunstgeschichte liegt jetzt in meinen Händen. Ich denke, es ist ein mentaler Unterschied und mit Sicherheit eine Auszeichnung, eine Ehre. Ich freue mich, wenn ich sehe, wie ein Student eine Idee entwickelt oder wenn es ihm gelingt, eigene Grenzen zu überwinden oder neue Dinge lernt, die ihm früher fremd waren. Ein Dilemma allerdings bleibt – sollte man mehr fordern oder mehr Freiheit zulassen …
K: Wie gestaltet sich dein Werdegang in der Kunstkeramik? Kannst Du einen Wendepunkt in deiner Karriere ausmachen?
M: Es fing alles damit an, dass ich im Rahmen des Erasmus-Programms ein Studium in Maastricht in den Niederlanden angefangen habe und dann sogar das ganze zweite Studienjahr auch dort verbracht habe – ich war von der Keramikwerkstatt sehr angetan. Sie war hervorragend ausgestattet und die Kurse waren sehr interessant, allein der Herstellungsprozess war schon unglaublich zufriedenstellend - die Kurse behandelten Formtechniken sowie das Abgießen auf Grundlage von Gipsmodellen. Das war nicht mehr händisches Modellieren von Ton, auch kein Drehen an der Töpferscheibe, vielmehr war es eine Einführung in einen sehr industriellen Prozess, wie er in Fabriken zum Tragen kommt, und der besteht genau im Abgießen von Gipsformen. Das fand ich sehr interessant; zufriedenstellend war es in der Hinsicht, dass man nur eine Form anfertigt und ausgehend von dieser sehr viele Objekte erhält, die einander sehr ähneln, ja, identisch sind – auf diese Art kann man diesen Produktionsprozess sehr gut kontrollieren. Das war die Initialzündung, bei der mein Interesse für Keramik überhaupt erst geweckt wurde, das war vor zwölf Jahren. Später hatte ich die ganze Zeit Berührungspunkte mit dieser Art von Keramik, mal mehr, mal weniger. Der Wendepunkt trat dann nach meinem Studienabschluss ein, er bestand aus einer Zuwendung für einen Brennofen und eine Drehscheibe vom Arbeitsamt in Poznań, um Prototypen anfertigen zu können; das Geld reichte auch für eine bescheidene Ausstattung der Werkstatt. Das war der Moment, an dem ich mir vorgenommen habe, mich unbedingt in diese Richtung weiterentwickeln zu wollen; weiterentwickeln höchstwahrscheinlich auch insofern, dass ich dieses Interesse auch zu einem potenziellen Business ausbauen könnte.
K: Deine Doktorarbeit „Traum über eine Region“ war künstlerisch betrachtet sicher auch ein wichtiger Moment, oder?
M: Ja, das war der nächste Wendepunkt auf meinem künstlerisch-professionellen Werdegang in puncto Keramik. Ich hatte den ausgeprägten Wunsch, eine Reihe von Objekten herzustellen, die meine Geburtsregion repräsentieren würden – Großpolen / Wielkopolska. Die Gegend fand ich schon immer unspannend / langweilig und uninteressant und habe mir deshalb die Herausforderung gestellt, Anknüpfungspunkte für eine zeitgenössische regionale Keramikkollektion zu finden, die sowohl ansprechend sein soll, als auch die Idee von Recycling mit alten Keramik-Brenntechniken verbinden soll. Ich wollte in der Dissertation auch Forschungsergebnisse über die alte, historische Brennmethode (des) Raugo einflechten. Das ist eine Brennmethode der baltischen Völker, bei der man die Keramik in Brot-Sauerteig taucht und die dann sehr rauchige Spuren auf der Oberfläche der Keramik entstehen lässt. Genau diese Kollektion leistete dann den Beitrag, um mich nicht nur künstlerisch zu verwirklichen, weil sie eben auch den kommerziellen Weg ebnete.
K: Nimmst Du dich als eine führende Künstler-Persönlichkeit wahr?
M: Ich würde den Begriff der Designerin verwenden – das Künstlerische ist darin enthalten, weil ich etwas erschaffe, zuallererst einmal die Konzeption, und dann stelle ich auch noch das physische Objekt her. Den Prozess des Gestaltens finde ich sehr angenehm, man prüft darin das Volumen und die Maße der Objekte, man plant den Produktionsprozesses, legt die Komposition der Pigmente fest, denkt über die Glasurmethode nach – das alles hängt meines Erachtens mehr mit dem Entwerfen und der Planung eines bestimmten Prozesses zusammen, es geht erst später um die spezifische und bestmögliche Ausführung. Da ist nicht mehr viel Platz für Spontaneität, es geht eher um gute Kenntnisse der Technologie. Andererseits bemühe ich mich, mich in der Definition der Keramikkünstlerin nicht zu limitieren, indem ich nur Becher herstelle - es ist mir sehr wichtig, beide Rollen auszufüllen: Also auch die derjenigen, die den Entwurf macht, plant und die Modelle auch verkauft. Das sind wiederholbare und ein wenig mühsame Verfahren – gerade deshalb ist es mir wichtig, die andere, experimentell-konzeptionelle Arbeit zu behalten. Beide Rollen möchte ich in meiner Praxis miteinander verbinden.
K: Innerhalb des Bereichs, den Du für ausgewählt hast - also im weitesten Sinne Keramik - triffst Du bestimmt auf viele andere Designerinnen, Künstlerinnen, Handwerkerinnen. Hast Du den Eindruck, dass die Kategorie „Geschlecht“ innerhalb der Designbranche Vorurteile mit sich bringt?
M: Ja, das merke ich allein schon beim Ausbau meiner künstlerisch-kreativen Arbeit zu einem kleinen Unternehmen – die Kompetenzen des Unternehmensaufbaus und der Geschäftsführung, durch die das viele nötige Geld wieder reinkommt, lerne ich noch immer von meinem Vater, der ein Geschäftsmann durch und durch ist. Es gibt bestimmte Fertigkeiten innerhalb des Managements, der Planung und der Kunden-Gesprächsführung, und da lerne ich bei jedem Auftrag etwas Neues dazu. Manchmal sind das ganz schön harte Lektionen, zum Beispiel wenn sich herausstellt, dass jemand meinen guten Willen ausnutzt. Ich denke, dass ein Teil der Fertigkeiten, was Verhandlungsgeschick und Management angeht, einer eher maskulinen Verhaltensweise zugeordnet wird, aber ich bemühe mich, mir eben nicht Fragen nach dem Motto „Was fehlt mir geschlechtsspezifisch?“, zu stellen. Davon unabhängig versuche ich, gute Arbeit zu leisten und dem Plan, so wie ich ihn mir vorgenommen habe, zu folgen. Früher gab es schon Situationen, in denen meine Kompetenz in Abrede gestellt wurde, weil ich eine Frau bin, aber das ist wahrscheinlich ein Generationenkonflikt.
K: Ist dir aufgefallen, dass Frauen im Vergleich zu Männern ihren Aufgaben mehr Aufmerksamkeit schenken?
M: Ja, den Eindruck habe ich schon. Ich selbst bin eine Person, die versucht, mehr Arbeit und Sorgfalt an den Tag zu legen, um zu beweisen, dass ich nicht ohne Grund an diesem Ort gelandet bin. Selbst wenn ich versuche, das zu kontrollieren und mir immer wieder vorsage, dass ich kompetent bin und dass ich nichts mit zusätzlicher Arbeit oder Sorgfalt wettmachen muss, passiert das manchmal ganz von selbst. Da finde ich mich dann schnell in der Rolle einer verfügbaren Person wieder, die alles sehr gut machen will. Das kommt auch durch die Selbstständigkeit – Du bist die ganze Zeit latent damit beschäftigt, aber gleichzeitig zeigst Du auch, dass es Dir sehr wichtig ist.
K: Siehst Du einen Unterschied zwischen einer Person, die in einem ähnlichen Bereich angestellt arbeitet, und einer, die ein selbstständiges Gewerbe führt, von der alles abhängt und die so eine self-made-woman beziehungsweise eine Businessfrau ist?
M: Das ist ein sehr, sehr wichtiger Punkt für mich. Ich habe den Eindruck, dass das Arbeiten nach eigenen Vorstellungen für mich als Mensch einfach außerordentlich wichtig ist und dass das allgemein einen hohen Stellenwert im Leben hat. Natürlich hat diese Freiheit zwei Seiten, am Ende bin es ja ich, die in diesem Business alles verantworten muss. Einerseits kann ich ein Kontrollfreak sein, der alles gern unter seiner Fuchtel hat - und irgendwie finde ich das auch gut - aber manchmal macht mich das auch fertig. Ich bin verantwortlich für den Kundenkontakt, die Lieferungen, die Keramikanfertigung, aber ich muss auch darauf achten, mich konzeptionell weiterzuentwickeln. Manchmal träume ich tatsächlich davon, ein Team aufzubauen – aber auch wenn ich ein Team hätte, würde ich weiterhin wollen, dass die Arbeit unter meinen Voraussetzungen stattfindet, also in meinem Studio, wo ich die Muster nach meinen Vorstellungen anfertige, und wo ich meinen Tagesplan selbst erstelle – das ist mir auch sehr wichtig.
Projektträgerin:
Veranstalterin:
Förder:innen:
© 2025 Aya Fujioka, Kamila Kobierzyńska, Katrin Ribbe
Gestaltung: Bureau Sebastian Moock
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Katrin Ribbe
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